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Automatisierung des Kreditgeschäfts mit KI

Kaum eine Technologie bietet Banken aktuell so viele neue Möglichkeiten wie die Künstliche Intelligenz. Doch was ist beim Einsatz von KI in Banken und Finanzdienstleistern in der Praxis zu beachten?

Steffen Hahn, Partner bei RFC Professionals GmbH

Künstliche Intelligenz (KI) definiert die digitale Befähigung von Maschinen zum menschenähnlichen Denken, Handeln und Entscheiden. Damit bietet der Einsatz von KI in Banken zahlreiche neue und vielversprechende digitale Möglichkeiten, um menschliche Fertigkeiten im Front-, Middle- und Backoffice zu skalieren, die Prozessautomatisierung voranzutreiben und so eine nachhaltige Marktdurchdringung zu sichern.

Auf dem Weg zu digitalen Banken und Finanzdienstleistern gewinnen datengetriebene Prozesse und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) immer mehr an Bedeutung. Eine konsequente Entwicklung, da Banken über eine Vielzahl an Daten verfügen, mit denen von der Prüfung der Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit natürlicher oder juristischer Personen innerhalb der Kreditprozesse, über den Know-Your-Customer-Prozess (KYC) bis hin zu Fraud Detection bei Verwendungsnachweisen oder der Kundenkommunikation viele Bereiche transformiert werden können.

Welches Verständnis von KI haben die Vorreiter der Führungskräfte in Banken?

Für den Einsatz von KI in Banken braucht es nicht nur Algorithmen, sondern auch die Kompetenz der Mitarbeitenden, diese zu befähigen. Vereinfacht dargestellt umfasst die Befähigung von Maschinen zwei Elemente: einerseits grundsätzlich die Fähigkeit von Algorithmen, Menschen zu imitieren und andererseits den Lernprozess, konkrete Fertigkeiten von Menschen zu erwerben.

Gerade durch die jüngste Forschung im Bereich Deep Learning sind Algorithmen fähig, das menschliche Sehen, Hören oder Sprechen zu imitieren. Im Praxiseinsatz bei Banken benötigt Künstliche Intelligenz jedoch spezialisierte Fertigkeiten. Eine Fertigkeit bezeichnet bei Menschen einen erlernten oder erworbenen Anteil des Verhaltens. Übertragen auf die Künstliche Intelligenz bedeutet dies, dass die KI spezialisierte Fertigkeiten erlernt und so z. B. Aufgaben bei der Bilanzanalyse digital und automatisiert übernehmen kann, bei denen diese Fertigkeiten benötigt werden.

Anders als bei Auszubildenen, die sich neue Fertigkeiten zum Beispiel durch die Einweisung ihrer Vorgesetzten aneignen, benötigt die Künstliche Intelligenz Daten, um Fertigkeiten zu erlernen. Was oft vergessen wird: Damit die KI Daten nutzen kann, um Fertigkeiten zu erlernen, müssen diese durch Mitarbeitende zunächst aufbereitet werden. Diese Phase der Datenaufbereitung wird von Daten-Experten, sog. Data Scientists, häufig als „Annotieren“ bezeichnet. Das dann folgende überwachte Lernen stellt das eigentliche „Training“ der KI dar.

Die Analyse von Bilanzen als ein Anwendungsbereich für KI in Banken

Bevor Künstliche Intelligenz eigenständig über die Annahme oder Ablehnung einer Kreditanfrage entscheiden kann, sammeln Bankmitarbeitende zuerst Daten in Form von Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen. Die Dokumente stehen häufig durch Exporte von Steuerberatern, Downloads aus dem Bundesanzeiger, Scans oder auch im XBRL-Format zur Verfügung. Die elektronische Übermittlung von Daten mit Hilfe von standardisierten Schnittstellen-Formaten existiert in der Regel nicht, oder nur sehr eingeschränkt. Für Bilanz-Analyse-Systeme in den Kreditinstituten müssen häufig Bilanzdaten oder Risikomerkmale manuell erfasst werden.

Sobald jedoch digitale Dokumente zur Verfügung stehen, kann eine KI notwendige Daten auch aus der Bilanz, der GuV, dem Kontennachweis oder Anhangs-Texten auslesen. Um die Künstliche Intelligenz zu trainieren, werden diese Daten in Bilanzen unterschiedlichster Struktur zunächst von den Fachexperten analysiert, markiert und fachlich gruppiert. Diese fachliche Zuordnung der Daten in den Dokumenten, die Annotationen, bilden die Basis für das Training Künstlicher Intelligenz. Nur durch sie kann diese lernen, Beträge in neu eingehenden Dokumenten automatisch zu suchen, zu markieren und fachlich einzuordnen, um am Ende – sofern gewünscht – sogar die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung eines Kreditantrages zu treffen.

KI zur Analyse von Energieausweisen als Vorbereitung für „Grüne Anleihe“-Emissionen in Banken

Allein im Jahr 2020 wurden weltweit 224 Milliarden Euro „Green Bonds“ emittiert. Aber die Nachfrage übersteigt bei weitem das Angebot.

In diesem Zusammenhang wird auch häufig über „Nachhaltigkeitsrisiken“, „ESG-Kriterien“ sowie deren Verankerung in Geschäftsstrategien, Governance und Risikomanagement diskutiert.

Dabei sind bereits die in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelten regulatorischen Vorgaben verschiedener Standardsetter zu berücksichtigen. Als wesentliche Regularien sind an dieser Stelle zu nennen:

  • BaFin Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken ergänzt durch den
  • EZB Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken
  • EU-Aktionsplan „Financing Sustainable Growth“ und EU Sustainable Finance Strategy mit der EU-Taxonomie-Verordnung, dem Europäischen Green Bond Standard (EU-GBS) sowie der EU-Offenlegungsverordnung
  • Diskussionspapier der EBA zu Management und Beaufsichtigung von ESG Risiken in Finanzinstituten und Investmentfirmen.

Bezüglich weiterer Details zu regulatorischen Anforderungen kommen Sie gerne direkt auf uns zu.

Wo kann an dieser Stelle eine KI sinnvoll unterstützen?

Vielfach liegen den Instituten wichtige Informationen zu den relevanten Kreditengagements, die in eine „Grünen Anleihe“ gebündelt werden können, bereits vor, können aber noch nicht schnell und effizient ausgewertet werden. Hier kann es sehr hilfreich sein, vorhandene Energieausweise mit Hilfe von KI auszulesen und die Ergebnisse in Hinblick auf die Energieeffizienz zu analysieren.

Die Künstliche Intelligenz von finted bietet hierfür ein bereits trainiertes Modell an, dass bis zu 35 Felder aus dem Energieausweis ausliest. Die wichtigsten Felder sind dabei u. a. die Energieeffizienz-Klasse, die sich aus dem Endenergiebedarf bzw. -verbrauch ergibt, sowie die Laufzeit des Zertifikates und die Art der wesentlichen Energieträger.

Wie hoch sind die Kosten für KI und wo entstehen diese?

In der Praxis wird häufig angenommen, dass KI beliebige Daten nutzen kann, um zu lernen. Unterschätzt werden die Kosten und Aufwände für die Aufbereitung der in Banken verfügbaren Daten für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Die für die Aufbereitung der Daten benötigten Ressourcen sind ein Vielfaches höher als die des KI-Trainings. Neueste KI-Software bietet zwei Möglichkeiten diesen Kostentreiber zu reduzieren.

Die verfügbaren Daten fachlich korrekt für die KI in Banken zu definieren ist häufig der wichtigste Schritt in der Praxis. Dabei fehlt Fachexperten häufig die Erfahrung, um die verfügbaren Daten für das Lernen der KI nutzbar zu machen. Um die Qualität von Annotationen deutlich zu verbessern, können Software-Lösungen wie finted eingesetzt werden. Die intuitive Nutzeroberfläche unterstützt den Fachbereich beim Annotieren und dem Training der KI. Nutzer berichten, dass selbst ohne KI-Vorerfahrung bei Bankmitarbeitern Genauigkeiten und Automatisierungsquoten erzielt werden, die ohne die Software nur durch ein separates IT-Projektteam erreichbar wären.

Welche Faktoren sprechen für Eigenfertigung oder Fremdbezug von KI in Banken?

Wer Künstliche Intelligenz nutzen möchte hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Vergleichbar mit der „Make-or-Buy“ Entscheidung klassischer Software. Entweder trainiert man diese selbst, oder kauft diese bereits trainiert von einem Anbieter ein.

Ein Vorteil der fertig trainierten KI ist es, dass diese ad-hoc genutzt werden kann. Zum Beispiel erkennt die Technologie von finted für Rechnungen sowohl Bankverbindungen und Einzelpositionen als auch Empfänger und viele weitere Informationen. An dieser Stelle ist der KI-Anbieter in Vorleistung gegangen und ermöglicht Nutzern Dokumente direkt zu verarbeiten: Die KI ist fertig angelernt und automatisiert sofort die Informationsbeschaffung aus Rechnungen. Die Anwendungsfälle reichen von der Prüfung der Verwendungsnachweise für Fördermittel, über die Legitimationsprüfung bis hin zur Automatisierung der Antragsstrecke der Baufinanzierung oder dem jährlichen Prüfungsprozess von Kreditengagements.

Der Vorteil der vortrainierten KI kann jedoch zum Nachteil werden, wenn besondere Fertigkeiten benötigt werden. Bei komplexen Aufgaben ist das Training eigener KI meist sinnvoll. Um eigene KI in Banken besonders kostengünstig zu entwickeln, automatisiert  gute KI-Software das Annotieren: Hier unterstützt die KI-Software dabei täglich neu eingehende Dokumente fachlich zuzuordnen und das manuelle Annotieren durch den Fachbereich sukzessiv zu entkoppeln. Dies spart nicht nur Zeit, um selbst große Datenmengen für die KI aufzubereiten, sondern ermöglicht dem Fachbereich der KI laufend Feedback zu geben und so an neue Gegebenheiten anzupassen.

 

Blockiert der Datenschutz und die Regulatorik die Nutzung von KI in Banken?

Für Banken und Finanzdienstleister ergibt sich nicht nur aus der Datenschutzgrundverordnung ein noch strengerer Rechtsrahmen für die Nutzung von personenbezogenen Daten. Daneben regulieren auch § 203 StGB, § 12 GBO und § 26 KWG die Möglichkeiten, KI zu nutzen. Durch ausgefeilte Löschkonzepte, die – neben dem länderspezifischen Hosting – zu den Grundvoraussetzungen für KI-Partner von Banken und Finanzdienstleistern gehören sollten, ermöglichen einzelne KI-Anbieter den Betrieb auf der Private Cloud oder sogar On-Prem. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der KI-Anbieter die gesamte KI-Software ohne externe Schnittstellen entwickelt hat. An dieser Stelle lohnt es sich, einen Spezialisten hinzuzuziehen, um die Software möglicher Zulieferer umfassend zu prüfen, bevor diese integriert wird.

 


Über den Autor

Steffen Hahn
Partner bei RFC Professionals GmbH

Seit über 25 Jahren ist Hr. Hahn als gelernter Banker mit Leidenschaft im Bankenumfeld mit Schwerpunkt Kreditgeschäft, Kreditprozesse und Projektmanagement tätig. In seinen aktuellen Projekten beschäftigt sich Hr. Hahn vor allem mit der Einführung von KI-gestützten Software-Lösungen. Dabei hat er bereits die KI-Software von finted beim Kunden fachlich abgestimmt, aufgebaut, trainiert und für die Optimierung der Kreditprozesse vorbereitet. Bei RFC Professionals verantwortet er den Bereich Projektmanagement.

linkedin.com
steffen.hahn@rfc-professionals.com

 

Über RFC

RFC Professionals berät seit 2012 Unternehmen der Finanzbranche und der Industrie zu den Themen Risiko-, Finanz- und Projektmanagement, Regulatorik sowie Information Governance. Von der Strategieentwicklung bis hin zur Umsetzung steht ihnen unser erfahrenes Beraterteam  im deutschsprachigen Raum zur Verfügung.

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